Wer einen Wandel in der Lernkultur in Schule erreichen will, muss die Prüfungsformate verändern. Diese Einsicht hat in den letzten Jahren rasant Verbreitung gefunden, auch der Arbeit des Instituts für zeitgemäße Prüfungskultur. Die Agentur J&K hat zusammen mit dem Institut und dem Land Niedersachsen ein Lernangebot zum Einstieg in das Thema Alternative Prüfungsformate für zeitgemäßes Lernen entwickelt, das offen und frei zugänglich ist.
Acht Stellschrauben zur Veränderung von Prüfungsformaten – das Denk-Instrument „Schieberegler“
Das Institut für zeitgemäße Prüfungskultur hat das Denk-Instrument von Schiebereglern entwickelt, anhand derer eine 10-teilige Videoreihe entwickelt wurde. Im Gespräch mit Jöran Muuß-Merholz wird dabei von Mitgliedern des Instituts in acht Videos je eine Komponente des Modells genauer beleuchtet und mit Beispielen aus der Praxis unterfüttert. Außerdem gibt es Video zur Einführung in das Modell und zum Transfer in die eigene Praxis.
Warum und wie neue Prüfungsformate?
(Auszug aus dem Beschreibungstext zum Einführungsvideo)
Die Kultur der Digitalität bedingt den Einsatz neuer Prüfungsformate. Wie diese aussehen können, wird in diesem Kurs anhand von Schieberegler aufgezeigt. Sie beschreiben jeweils die Spanne zwischen klassischen Prüfungsformaten und neuen Methoden der Abfrage.
Die Idee der Schieberegler wurde inspiriert durch einen Artikel von Christian Albrecht. Es hängen meist mehrere Regler zusammen, die sich ggf. nur miteinander verschieben lassen. Deshalb, und um sich selbst und die Prüflinge nicht zu überfordern, sollte nach und nach das Verschieben der Regler ausprobiert werden. So kann herausgefunden werden, wo wann geschoben werden kann – ohne im Prozess jemanden zu überfordern. Im Gegenteil, der Veränderungsprozess soll Möglichkeit bieten, das eigene Arbeiten zu reflektieren und mit der Fachschaft, den Schülerinnen und Schülern, ggf. sogar mit den Eltern in einen kreativen Austausch über Prüfungsformate zu treten. So können Lernende mitgestalten, was sie brauchen, um zu zeigen, was in ihnen steckt. Nebenbei können auch Ängste reduziert und damit bessere Leistungen ermöglicht werden.
Die Regler verändern dabei die Prüfungsmodalitäten bezüglich der folgenden Dimensionen:
- Raum: Wie offen ist dieser wählbar?
- Zeitintervall: Sind hier kurze Klausuren oder gar Monate zur Prüfung möglich?
- Material: Sind Materialien vorgegeben oder ganz offen wählbar?
- Aufgaben: Sind die Aufgabenstellungen sehr klar umrissen oder lassen sie Platz für Spielraum?
- Hilfsmittel: Wenn es welche gibt, sind diese frei wählbar?
- Sozialform: Handelt es sich um Einzel- oder Gruppenarbeiten?
- Produkt: Ist die Arbeit handschriftlich oder in der Wahl des Mediums frei wählbar abzugeben?
- Feedback: Erfolgt die Rückmeldung durch die Lehrkraft summativ oder formativ?
Lernvideos als Open Educational Resources (OER)
Das Lernangebot Alternative Prüfungsformate für zeitgemäßes Lernen wurde 2021 von der Agentur J&K – Jöran und Konsorten im Auftrag des Niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ) in Zusammenarbeit mit dem Institut für zeitgemäße Prüfungskultur entwickelt.
Die insgesamt zehn Videos sind über YouTube vom NLQ veröffentlicht worden. Sie stehen unter der freien Lizenz CC BY 4.0 und können daher als Open Educational Resources (OER) auch heruntergeladen, vorgeführt und in andere Fortbildungsangebote übernommen werden. Die Agentur J&K dankt herzlich dem Institut für zeitgemäße Prüfungskultur sowie dem Niedersächsischen Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ) für die gute Zusammenarbeit. Mit dabei waren als Expertinnen und Experten in den Videos:
- Christian Albrecht, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur der FAU Erlangen-Nürnberg
- Patricia Drewes, didaktische Leiterin am Gymnasium Bethel sowie in der Lehramtsentwicklung und Schulberatung tätig
- Hendrik Haverkamp, Koordinator für eine Kultur der Digitalität am Evangelisch Stiftischen Gymnasium Gütersloh
- Anna Reuter, Lehrerin am Berufskolleg und Fachleiterin in den Zentren für schulpraktische Lehrer*innenausbildung in Köln und in Leverkusen
- David Tepaße, stellvertretende Schulleitung am Gymnasium Harsewinkel
- Lars Zumbansen, didaktischer Leiter am Gymnasium Harsewinkel
Für Konzept und Moderation war Jöran Muuß-Merholz zuständig, die Projektleitung wurde von Kai Obermüller übernommen.
Die Schieberegler sind ein wirklich sehr hilfreiches Instrument, um über die notwendige Veränderung der Prüfungs-, der Aufgaben-, der Lernkultur nachzudenken.
Im Beschreibungstext zum Einführungsvideo stolperte ich über folgende Formulierung: „Sie [die Schieberegler] beschreiben jeweils die Spanne zwischen klassischen Prüfungsformaten und neuen Methoden der Abfrage.“
Geht es wirklich nur um „neue Methoden der Abfrage“?
Für mich bedeutet das Wort „Abfrage“ eine unzulässige Reduktion von komplexen Formen authentischer Leistungserbringung, die alternative Prüfungsformate ermöglichen sollen.
Oder ist meine Lesart eine unzulässige Interpretation?