UPDATE: Das Vortragsvideo ist online.
11.3.2025 | Auf den Tag genau zehn Jahre ist es her, dass erstmals die Ankündigung eines Vortrags aus dem Jahr 2025 im Netz auftauchte. Im März 2015 erschien das vorläufige Programm der Konferenz re:publica (schon damals die größte Konferenz Europas zu Fragen der digitalen Gesellschaft). Der Diplom-Pädagoge Jöran Muuß-Merholz kündigte darin einen Vortrag an: Wie wir mit Begeisterung das totalüberwachte Bildungssystem einführten. Muuß-Merholz versprach „eine Rückschau auf die Jahre 2015 bis 2025“.
(Wie diese Ankündigung 10 Jahre zu früh erscheinen und im Mai 2015 der Vortrag auch gehalten werden konnte, gibt den Chrono-Wissenschaften bis heute Rätsel auf. Schon 2015 hatte der Deutsche Verband der Hellseher und Wahrsager (DVdHW) gewarnt: „Der Mann kann gar nicht in die Zukunft sehen! Das wussten wir schon vorher.“)
Der Ankündigungstext zum Vortrag (auch unten) versprach die Entstehungsgeschichte für ein „totalüberwachtes und umfassend kontrolliertes System im Bildungsbereich […], das jedes Blinzeln jedes Lernenden registriert und auswertet.
Sachdienliche Hinweise und Designer/in gesucht
Materialsammlung: Ideen und Materialhinweise sind sehr willkommen! Sie erreichen Jöran am besten via sachdienliche-hinweise@joeran.de. Die Materialsammlung wird über die Outliner-Funktion von diigo veröffentlicht werden.
Foliengestaltung: Für den Vortrag wird noch ein/e Mistreiter/in gesucht, die a. sich gut mit Photoshop auskennt und b. Willens ist, die Grenzen zwischen Kunst und Urheberrecht auszuloten und somit c. die Folien zum Vortrag gestalten mag. Bei Interesse bitte direkt mit Jöran Kontakt aufnehmen.
Wie wir mit Begeisterung das totalüberwachte Bildungssystem einführten – eine Rückschau auf die Jahre 2015 bis 2025
Ankündigung zum Vortrag auf der re:publica 2015 im Mai in Berlin
Das Bildungssystem war spät dran, als die Bundesregierung ihre „Strategie Digitale Bildung“ veröffentlichte, damals in 2015. So gut wie alle anderen gesellschaftlichen Bereiche waren schon vom Digitalen Wandel erfasst worden. Viele Menschen hatten gedacht, dass die Schule immun gegenüber Veränderungen sei. Handyverbote und gesperrte Netze hatten zumindest bis 2016 den Eindruck erweckt, man könne so weitermachen wie bisher. Aber dann war ein Tipping Point erreicht, von dem aus sich die Dinge überschlugen. Angetrieben wurde die Entwicklung von unten, über die privaten Geräte, die die Schüler/innen ungefragt mit in die Schulen brachten. Man versuchte 2016 zwar noch, die Smartwatches und später die Brillen-Cams genau wie vorher Handys aus den Schulen auszusperren. Aber das kippte endgültig im September 2016 mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das der Schülerin Yasmin K. das Tragen eines Multifunktionsarmbands gemeinsam mit einem unsichtbaren Funk-Hörimplantat aus gesundheitlichen Gründen erlaubte. Die Politik trat die Flucht nach vorne an. Nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Frühjahr 2017 löste Schwarz-Grün umgehend das gemeinsame Wahlversprechen ein, flächendeckend jede/r Schüler/in ein digitales Endgerät im Schulalltag nutzen zu lassen. Andere Bundesländer zogen nach – bis zum Großen Crash 2020. Als 13 von 16 Bundesländern kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stande, sagte der Bund Unterstützung zu. Die Bundesländer mussten dafür eine De-Facto-Zentralisierung der Schulpolitik zulassen. Das stärkste Argument der Befürworter zog: Nachdem 16 Bundesländer 16 inkompatible Lernplattformen aufgebaut hatten, bedeutete ein Umzug für die Schüler meist einen Verlust des eigenen Lernportfolios und der Datenprofile. Eine Zentralisierung war unvermeidlich geworden.
Und das war erst der Anfang. Heute im Jahr 2025 können wir rückblickend sagen: Jeder Schritt war willkommen. Es gab nie einen Bösen. Alle wollten immer nur das Beste. Und trotzdem (oder deswegen?) haben wir heute ein totalüberwachtes und umfassend kontrolliertes System im Bildungsbereich etabliert, das jedes Blinzeln jedes Lernenden registriert und auswertet.
Wie konnte es dazu kommen? Der Vortrag sucht Antworten in einer chronologischen Rückschau auf die konkreten Entwicklungen von 2015 bis 2025.
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