Das Buch „Lehrende arbeiten mit dem Netz“ ist eine Sammlung von Ideen und Erfahrungsberichten für Pädagog*innen aus allen Bildungsbereichen. Man bekommt es kostenlos als PDF und sogar als OER. Ich durfte ein Vorwort schreiben: „Lehrende, die im Netz arbeiten, brauchen OER!“
Hintergrund
In Österreich gibt es mit WerdeDigital.at eine Plattform, die Informationen und Lernangebote für Erwachsene rund um das Thema „digitale Medienkompetenz“ bietet. (Die Plattform wird übrigens aus öffentlichen Geldern, direkt über das Bundeskanzleramt, gefördert.) Unter diesem Dach ist der Sammelband „Lehrende arbeiten mit dem Netz“ erschienen, mit mehr als 100 Artikeln. Die Inhalte sind nicht nur kostenfrei als pdf oder epub zu bekommen, sondern stehen auch unter einer freien Lizenz, die die Weiterbearbeitung und Weitergabe erlauben. Damit sind die Inhalte Open Educational Resources (OER). Warum das relevant ist, ist Thema eines Vorwortes, das ich für das Buch schreiben durfte. Es steht unten in Kopie.
Das PrintBuch für Lehrende ist da "Lehrende arbeiten mit dem Netz" @virtuelleph @eLSAOesterreich #edchatde #edudays pic.twitter.com/ySA8tI2H4u
— WerdeDigital.at (@werdedigital) March 31, 2016
Lehrende, die im Netz arbeiten, brauchen OER!
Vorwort zum Buch „Lehrende arbeiten mit dem Netz“ (2015/16), von Jöran Muuß-Merholz
„Lehrende arbeiten mit dem Netz“ ist eine beachtliche Publikation: 104 Autor_innen, mehr als 100 Artikel von Lehrenden aus Österreich, Deutschland, Polen und der Schweiz auf über 300 Seiten – und alles kostenlos. Eine erfreuliche Eigenschaft der Publikation versteckt sich im Kleingedruckten auf Seite 2. Dort steht: „Alle Inhalte sind unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY SA veröffentlicht.“
Diese Lizenz gewährt jedermann (ja, auch Ihnen!), dass die Nutzung der Inhalte nicht nur kostenlos, sondern offen und frei ist. „Lehrende arbeiten mit dem Netz“ ist ein tolles Beispiel für sogenannte Open Educational Resources oder kurz: OER. Hinter dem Kürzel „CC BY SA“ verbirgt sich die Erlaubnis, das Material ohne Nachfrage zu vervielfältigen, zu verwenden und zu verbreiten. Mehr noch: Das Material darf auch verändert, mit anderen Inhalten verbunden und in dieser neuen Form verbreitet werden. Die Kürzel „BY“ und „SA“ weisen auf zwei Auflagen hin: Sie müssen den ursprünglichen Urheber nennen (BY = Namensnennung) und bei Veränderungen das neue Werk unter dieselbe Lizenz stellen (SA = Share Alike, Weitergabe unter gleichen Bedingungen).
Gerade für das Arbeiten im digitalen Raum erleichtert das die alltägliche Praxis. Sie können zum Beispiel einzelne Texte für eine Seminargruppe neu zusammenstellen oder das ganze Werk an die Seminarteilnehmer_innen verteilen. Sie können die Inhalte auf eine Lernplattform hochladen oder auch auf Ihrer eigenen Website bereitstellen. Sie können einen Text in eine andere Sprache übersetzen oder passende Ausschnitte mit eigenen Inhalten kombinieren.
Wenn Sie sich im digitalen Raum ein Stück weit auskennen, dann wissen Sie es schon: Genau so funktioniert die Arbeit von Lehrenden im Netz. Es gehört zu den Kernaufgaben von uns Lehrenden, Materialien für Lernende zu suchen, entsprechend derer Bedürfnisse neu zusammenzustellen und ihnen dann zur Verfügung zu stellen. Selten gibt es dafür die Rundum-Glücklich-Lösung, weswegen wir häufig Materialien aus verschiedenen Quellen miteinander kombinieren. Wir Lehrende sind Remix-Künstler!
Nicht immer ist uns bei digitalen Materialien klar, wann wir uns urheberrechtlich im Grau- oder vielleicht schon Schwarzbereich bewegen. Von daher muss es noch viel mehr Open Educational Resources geben! Das haben inzwischen schon viele Akteure im Bildungswesen erkennt. Obwohl vermutlich 98% der Lehrkräfte vom Begriff OER noch nie gehört haben, kletterte das Thema in der Politik in kürzester Zeit auf die Tagesordnung. Die UNESCO sieht in OER „ein gewaltiges Potential zur Verbesserung der Qualität und Effektivität von Bildung“. Bei der OECD erhofft man sich von OER die Rolle als „Treiber für Innovation im Bildungsbereich“. Die Europäische Kommission erkennt in OER gar eine „Chance für die Neugestaltung der Bildung in der EU“.
Die große Hoffnung hinter OER besteht nicht nur darin, dass es uns Lehrenden das Leben in Sachen Urheberrecht einfacher macht. Hinter der pauschalen Erlaubnis, Inhalte nicht nur zu kopieren, sondern auch zu verändern, steckt mehr: Wenn etwas von allen bearbeitet, verbessert und weitergegeben werden kann, so könnte damit auch die Vielfalt und die Qualität der Bildungsmaterialien steigen. Wikipedia hat es vorgemacht.
Die Publikation „Lehrende arbeiten mit dem Netz“ zeigt das Potential ganz konkret auf: Lehrende aus Österreich, Deutschland, Polen und der Schweiz gehören zu den 104 Autor_innen. Die Arbeit im Netz erleichtert die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Aber man stelle sich vor, man müsse vor der Weiterverwendung der Materialien erst klären, ob die urheberrechtliche Lage in Österreich oder Deutschland oder Polen oder der Schweiz den konkreten Anwendungsfall zulässt. Wie ist das überhaupt, wenn eine Autorin aus Polen einen Artikel schreibt, der in Österreich herausgegeben wird und den ich in Deutschland im Online-Seminar einer internationalen Gruppe zur Verfügung stellen will? Antworten geben die Lizenzen von Creative Commons (CC). Sie sind quasi eine gemeinsame (Rechts-)Sprache, die jedermann verstehen und anwenden kann – auch über Ländergrenzen hinweg.
Das gleiche gilt für die Bildungsbereiche. „Lehrende arbeiten mit dem Netz“ bietet Inhalte von Elementarpädagogik über Schule bis Universität und Erwachsenenbildung. Der Austausch über die Grenzen der eigenen Domänen hinaus ist belebend und produktiv – und im Netz viel einfacher als in der Offline-Welt. Mit Open Educational Resources können Materialien aus einem Bereich auch in anderen Bereichen genutzt werden.
Durch die Möglichkeit zum Austausch kann die Zusammenarbeit nicht nur in Teams, sondern auch in Online-Communities gefördert werden. OER schafft die Voraussetzung für diesen Austausch. Lehrende, die im Netz arbeiten, brauchen OER! Diese Publikation macht vor, wie es geht.
Jöran Muuß-Merholz für die Transferstelle für OER
Die Transferstelle für OER ist ein Think-and-Do-Tank zum Thema Open Educational Resources (OER). Unter www.open-educational-resources.de (oder .at oder .ch) findet man diverse Informations- und Veranstaltungsangebote, z.B.:
- ein Blog mit aktuellen Meldungen zu OER
- die Podcast-Reihe „zugehOERt!“
- eigene Publikationen zu OER, insbesondere je ein Whitepaper zu OER in Schule, Hochschule und Weiterbildung
- die Veranstanstaltungen OERcamp und OER-Festival
- Beratung, Vorträge und Fortbildungen
Regelmäßige Updates versendet die Transferstelle via Google+, Facebook, Twitter, RSS-Feed und Newsletter.
Text und Podcast stehen unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt: Jöran Muuß-Merholz für werde-digital.at.
Das österreichische Bildungsministerium war Auftraggeber dieses Werkes inkl. OER-Vorgabe
Es freut mich, dass dieses Werk ihre Anerkennung gefunden hat und hoffe auf weite Verbreitung in der Lehrerschaft sowie auf eine „Weiterführung“ …
Mag Helmut Stemmer
(30 Jahre für das Bildungsministerium tätig und seit 1. Mai 2015 in Pension = Unruhestand)