Anfang Mai vergangenen Jahres trafen sich über 200 Pädagog*innen aus über 100 Schulen, die dem Schulverbund „Blick über den Zaun“ (BüZ) angehören, in der Laborschule und dem Oberstufenkolleg in Bielefeld. Im Barcamp-Format tauschten sie sich miteinander über „das Andere Lernen“ aus. Aus Teilnehmenden wurden Teilgebende, die voneinander lernten und sich vernetzten. Die Kooperation in Teams und Schulen stand hierbei im Mittelpunkt. Die Agentur J&K – Jöran & Konsorten organisierte und moderierte den Austausch auf der BüZ-Tagung 2023 und nutzte die Gelegenheit, in diesem Rahmen zwei Videos zu entwickeln und umzusetzen, die Antworten aus verschiedenen Praxis-Perspektiven auf folgende Fragen geben sollten:
- Professionell zusammenarbeiten – welche Rolle spielen schulinterne Kooperation und Teams für eine gute Schule?
- Authentische Lernprodukte – wie kann das konkret aussehen?
Bei den zwei Videoprojekten ging es um das kooperative Lernen im Unterricht. Der Fokus lag auf der Arbeit der Lehrenden im Schulkontext.
Anderes Lernen
Anderes Lernen meint hierbei ein Lernen abseits vom klassischen Weg der Wissensvermittlung mit Stift und Papier bzw. Kreide und Tafel. Dies bedeutet zudem, dass keine Lehrperson für sich alleine arbeiten oder jedes Mal das Rad neu erfinden – also z. B. neue Unterrichtsmaterialien erstellen – muss. Im Kontext des Anderen Lernens sind Kooperationsstrategien enorm wichtig; einmal zwischen den Lehrenden, aber auch im Unterricht mit den Schüler*innen. So profitiert der Lehrende auf der einen Seite für sich und seine Arbeit im hier und jetzt, auf der anderen Seite profitiert er zudem für seine Arbeit mit zukünftigen Schüler*innen.
Video: Zusammenarbeit in Schule
Im Filmprojekt „Zusammenarbeit in Schule“ geht es um Antworten aus der Praxis auf die Frage, wie die pädagogische Zusammenarbeit an Schulen gestaltet werden kann. In Interviews mit sieben Lehrer*innen werden Fragen geklärt wie:
- Warum braucht Schule mehr Zusammenarbeit?
- Was würden Sie einer Person empfehlen, die mehr Zusammenarbeit in der Schule ausprobieren möchte?
Um ein paar der Antworten vorweg zu nehmen: Zusammenarbeit in Schule macht laut Aussage der Interviewpartner*innen Spaß und steigert die Qualität des Unterrichts. Die Zusammenarbeit fördert das Erkennen von Stärken und Schwächen der einzelnen Kolleg*innen, so dass diese einerseits Anlaufstellen für guten Rat sein und andererseits Unterstützung anbieten können.
Als Beispiele, die die Zusammenarbeit in der Schule fördern können, werden Präsenz-Nachmittage der Lehrkräfte genannt, bei denen sowohl organisatorische als auch pädagogische Themen besprochen werden. Durch vollkommen unterschiedliche Perspektiven werden u. a. verschiedene Fächer zu interdisziplinären Lernformaten geclustert. Dafür braucht es enorm viel kooperativen Austausch. Andererseits können Fachschaften, z. B. für ein gemeinsames Fach wie Deutsch, beim thematischen Austausch helfen. Sie ermöglichen Lehrer*innen, die korrigieren und sich vielleicht auch mal unsicher sind, Rückfragen zu stellen. Gegenseitige Hospitationen, die Einblick in den Unterricht anderer geben, sind hierbei ebenso möglich.
Sog. Vorbereitungsgruppen sorgen unter Lehrkräften dafür, einzelne Aufgaben aufzuteilen und / oder gemeinsam durchzuführen. So kann aus verschiedenen Perspektiven auf eine gemeinsame Sache geschaut werden. Die Vielfalt der Lehrenden als Individuen bestimmt hier den Weg weg vom Einzelkämpfer zum kooperativen Teamplayer.
Die Digitalisierung bietet hierzu durch kooperative Tools wie Trelloboards oder Lernplattformen für den gemeinsamen Daten- und Gedankenaustausch viel Erleichterung und senkt zusätzlich Barrieren. Zusammenarbeit kann auch im ganz Kleinen anfangen und muss nicht gleich große Umwälzungen bedeuten. Zusammenarbeit macht das Leben der Lehrer*innen einfacher.
Interviewt wurden Ann-Katrin Schwindt und Lars Velter (Freudberg Gemeinschaftsschule, Berlin), Andreas Niessen (Heliosschule »Inklusive Universitätsschule der Stadt Köln«), Hermann Schlenker (Freies Katholisches Berufliches Gymnasium St. Martin, Friedrichshafen), Susanne Gölitzer (Josephine-Baker-Gesamtschule, Frankfurt am Main), Marie Lenzner (Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule, Berlin) sowie Brigitte Mergenthaler-Walter (Schule Schloss Salem).
Video: Lernprodukte mit Kanban Boards
Im Filmprojekt „Lernprodukte mit Kanban Boards“ erläutert Norbert Hillebrecht – Lernbegleiter und Lehrer an der Winterhuder Reformschule in Hamburg – wie agiles Arbeiten mit Schüler*innen den Lehreralltag verändern kann und wie es dadurch möglich wird individuell auf einzelne Schüler*innen einzugehen. Über TaskCards auf einem Kanban-Board ist für ihn als Lehrender schnell ersichtlich, wie weit die Schüler und Schülerinnen bei ihrem jeweiligen Projekt sind, woran sie gerade arbeiten oder wo es aktuell noch hakt. Hillebrecht sieht hier den Vorteil durch individuellere, gezieltere Unterstützung der einzelnen Lernenden in seinem Unterricht.
Anstatt nach einem von Lehrern und Lehrerinnen vorgegebenen Wochenplan zu arbeiten, gestalten die Schüler*innen ihre Aufgaben selbst. Das erleichtert den Arbeitsaufwand für die Lehrperson, stellt diese jedoch gleichzeitig vor die große Herausforderung, die Lernenden trotz Teamarbeit individuell zu beurteilen und zu bewerten – ein enormer Zeitaufwand, der sich unterm Strich jedoch für Norbert Hillebrecht lohnt.
Blick über den Zaun (BüZ)
„Blick über den Zaun“ ist ein Verbund reformpädagogisch orientierter Schulen, der seit 1989 besteht, um Schulentwicklung „von unten“ zu betreiben.
Durch wechselseitige Peer Reviews, Tagungen und Werkstätten trägt BüZ dazu bei, dass Schulen direkt voneinander lernen, einander anregen, ermutigen und unterstützen.
Grundlage der gemeinsamen Arbeit sind u. a. Standards wie individuelle Zuwendung und Betreuung, Individualisierung des Lernens, Förderung und Integration, Feedback, Lernbegleitung und Leistungsbewertung. Das BüZ sieht die Kooperation in Teams als Voraussetzung für die Entwicklungsarbeit zu einer „guten Schule“. Durch multiprofessionelle Teams wird die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen begleitet. Unterrichtsreflexionen, Hospitationen und Fallberatungen sind Bestandteile des gemeinsamen Lernens.