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Merkel: „Facebook ist eine Waschmaschine!“ – Jöran: „Quatsch, Facebook ist Merkel in einer Küche!“

Merkel vergleicht Facebook mit einer Waschmaschine Merkel (Kirchentag 2015)Das Netz freut sich, weil Bundeskanzlerin Merkel mal wieder was über das Internet gesagt hat. Es sei schön, Facebook zu haben, so wie ein Auto oder „ne ordentliche Waschmaschine“ zu haben. Leider hat sie die Metapher nicht erläutert. Dennoch möchte ich widersprechen: Facebook ist wie eine Küche!

Und ich kann es auch begründen. Dazu stehen unten die ersten Absätze aus einem Buch über Facebook aus dem Jahr 2012. (Ja, in Facebook-Maßstäben ist das natürlich gerade zu ein archäologischer Text. Aber ich denke, er funktioniert noch.) Damals schrieben Kollege Thomas Rose und ich: Bei Facebook ist man zusammen mit Angela Merkel in einer Kaffeeküche.


So funktioniert Facebook – In der Kaffeeküche mit Angela Merkel, Lady Gaga und 1.000.000.000 anderen

Um die eine Milliarde Menschen sind auf Facebook aktiv. Viele von ihnen tummeln sich täglich dort. Für Deutschland hat die JIM-Studie 2011 ermittelt, dass 12- bis 19jährige Jugendliche im Schnitt 5 Stunden pro Woche dort verbringen. Solche Studien werden in nächster Zeit Probleme bekommen, die „Verweildauer“ bei Facebook zu messen. Denn Facebook ist längst überall. Immer mehr Menschen lassen sich von Facebook in ihrem Smartphone überall dorthin begleiten, wo sie Mobilfunk haben. Die Hälfte der Facebook-Nutzung geschieht inzwischen nicht mehr vom Schreibtisch, sondern von unterwegs aus. Und auch im Internet ist Facebook längst nicht mehr nur dort, wo Facebook drauf steht. Fast alle anderen großen Websites haben inzwischen Facebook-Funktionen in das eigene Angebote integriert. Facebook ist überall, und alles ist auf Facebook.

Was haben sich diese Menschen eigentlich zu sagen? Eigentlich gar nichts, meint so manch Facebook-Kritiker. Die Konversationen seien vielmehr bloß belangloses, irrelevantes Geplapper. Das stimmt – für 99,99999 % der Fälle. Allerdings sind sie für 0,000001% sehr wohl relevant. Die meisten Äußerungen auf Facebook sind ja nicht für die ganze milliardenumfassende Facebook-Welt bestimmt, sondern nur für zwei, 20 oder 200 Freunde des Absenders. Für den Rest der Welt mag die Information verzichtbar sein, dass Lotta Müller das neue Album von Lady Gaga gekauft habe – für eine 13jährige und ihre Freundinnen gibt es vielleicht nichts wichtigeres. Die meisten Menschen wollen gar nicht wissen, wen Atilla Yılmaz bei der nächsten Bundestagswahl wählen wird – der 18jährige und seine Freunde möchten das aber gerne diskutieren. Und niemand auf der Welt möchte das Foto sehen, das Felix Meier heimlich von seiner Lehrerin aufgenommen hat – fast niemand, denn in seinem Freundeskreis sorgt das Bild für heftige Debatten.

Ein Experiment: Belauschen Sie sich einmal selber, wenn Sie vom Handy aus mit einem Familienmitglied telefonieren oder in der Kaffeeküche mit der Kollegin plaudern – auch das wird vermutlich von 99,99999 % für irrelevant und belanglos gehalten werden. Das kann Ihnen aber zum Glück egal sein: Sie sind die Person, um die es geht. Sie und mindestens ein anderer Mensch, mit dem Sie Ihr Gespräch führen.

Genau so ist das bei Facebook. Es geht um Konversationen. Facebook ist weniger wie das Handytelefonat, mehr wie die Kaffeeküche – nur etwas größer. Die Themen sind die gleichen wie in der Kaffeeküche: Es geht um den Kinofilm vom Vorabend, um das unmögliche Kleid der neuen Kollegin, um die bevorstehende Geburtstagsfeier, um Schicksale und Wehwehchen, um Fussball, Fernsehen, Freunde, das Wetter (und um Kaffee). Auch die Arbeit ist ein beliebtes Thema in den Kaffeeküchen von Büros und Fabriken. Einige der besten Arbeitsideen sind wahrscheinlich in der Kaffeeküche geboren worden. All diese Themen gibt es auch bei Facebook. Und wie in der Kaffeeküche liegen alle Themen dicht nebeneinander – und sie sind wenig wert, solange man alleine in der Kaffeeküche steht.

Fassen wir für das erste zusammen: Facebook ist eine Kaffeeküche


Cover Mein Kind ist bei FacebookMehr steht im Buch:

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